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Erscheinungsbild der Tibet Terrier

Rassetypisches

Das Erscheinungsbild und die Charakteristika des Tibet Terriers sind sehr von seinem Ursprungsland Tibet, seinen Menschen und deren Kultur, sowie der grandiosen tibetischen Gebirgslandschaft und den extremen klimatischen Bedingungen, geprägt.

Seine Heimat sind die Berge und das Hochplateau Tibets, mit einer durchschnittlichen Höhenlage von 4500 m, auch das "Dach der Welt" genannt. In dieser Höhe herrschen extreme klimatischen Bedingungen. eisige Winter, mit Tiefsttemperaturen bis minus 40 Grad Celsius, wechseln ab mit kurzen heißen Sommern. Weite Landstriche sind trocken und dürr, und scharfe Winde fegen über das Land. Größere Mengen Schnee fallen gewöhnlich nur in den höheren Regionen Tibets.

Mensch und Tier mussten sich diesen harten Lebensbedingungen anpassen. Daher ist unser Tibet Terrier sehr robust, ursprünglich und widerstandsfähig. Der Besuch beim Tierarzt beschränkt sich oft auf die einmal im Jahr fällige Vorsorgeimpfung. Ob eisig kalte Winter oder norddeutsches "Schmuddelwetter", nichts kann unsere Tibeter davon abhalten durch Wald und Berge oder Flur und Feld zu streifen. Ihr dichtes, üppiges Haarkleid schützt sie vor der Kälte, aber auch, man will es kaum glauben, vor der sommerlichen Hitze, obwohl der Tibet Terrier in diesen Monaten seine Aktivität gern in die kühleren Morgen- und Abendstunden verlegt.

Der Tibet Terrier ist ein gesund konstruierter Hund von mittlerer Größe, ohne jegliche Übertreibungen. Sein Körper ist von quadratischer Silhouette, kräftig und muskulös, aber nicht schwerknochig. Dies ermöglicht dem Tibet Terrier sich kraftvoll und doch beinahe mühelos zu bewegen. Gleichzeitig zeichnet ihn eine unglaubliche Wendigkeit aus. So ist er ein idealer und ausdauernder Begleiter auf Spaziergängen oder auf langen Wanderungen.

Ist er unangeleint, werden sie sein Temperament und seine Lebenslust beobachten können. Obwohl er keinen ausgesprochenen Jagdinstinkt besitzt, verfolgt er ein aufgestöbertes Kaninchen flink und schnelle Haken schlagend, als wäre er selbst ein Hase, oder er versucht ein Vöglein zu haschen, springt dabei wie ein "Flummi" und man spürt, dass er sich jetzt nur noch Flügel wünscht, um selbst zu fliegen - ja dann, dann wäre er wohl vollkommen.

Er besitzt in seinem äußeren Erscheinungsbild auch einige unverwechselbare, ihn so typisch machende Besonderheiten, die sich alle erklären lassen in seiner Anpassung an die rauen Bedingungen seiner Heimat. Alle diese einzigartigen Eigenschaften, die teilweise keine andere Rasse besitzt, waren für den Tibet Terrier notwendig, um ihn in Tibet vor dem Aussterben zu bewahren. Die Natur bringt niemals aus Spaß eine körperliche Besonderheit hervor und behält sie bei, sondern diese Besonderheit entwickelt sich, weil sie lebens- oder besser überlebenswichtig ist!

Beginnen möchte ich mit seinen Augen, sie sind rundgeformt und bemerkenswert groß. Sie blicken intensiv und ausdrucksstark. Das lange Kopfhaar, welches über die Augen fällt wird von den langen Wimpern vom Augapfel ferngehalten, und bringt den so wichtigen Schutz des Auges vor den ständig auftretenden, heftigen Sandstürmen Tibets. (Ich betrachte jedoch diesen dicken Pony zeitweise als meinen persönlichen Schutz vor unseren Tibet Terriern. Bindet man ihn zu einem Zopf zusammen oder kürzt man ihn ein, ist man unwillkürlich diesem wundervollen und zugleich energischen, nicht nachgebenden Blicken ausgesetzt, und es gelingt diesem Wesen all unsere guten Vorsätze in nichts aufzulösen!

Herrchens guter Sessel ist auf einmal seiner, das Schlafzimmer ist kein Tabu mehr, und Leckerchen "schweben", beinahe wie von Geisterhand geführt, in sein Mäulchen...)
Doch er kann mit seinen Augen noch mehr. Da sie recht weit auseinander stehen geben sie dem Hund einen viel besseren Gesichtskreis, als es normalerweise der Fall ist, mit der Sicht zur Seite und weit nach hinten. So konnte er seine ursprüngliche Aufgabe als kleiner Wächter gut erfüllen. Der Tibet Terrier steht erhobenen Hauptes, die Nase in den Wind gestreckt, der die Haare über die Augen nach hinten weht und ihm den Geruch seiner Feinde zuträgt. Dadurch wird er vor einem sich in der Nähe aufhaltenden Feind gewarnt, ohne seine Augen bemühen zu müssen oder seinen Kopf zu bewegen.

Von seiner Funktion als Wächter ist im das Bellen erhalten geblieben, was sich in einem kurzen, aber kräftigen Anschlagen bei ungewohnten Geräuschen äußert. Er tut es aber auch in freudiger Erwartung, wenn es zum Auto fahren geht, bei der Aufforderung zum Spiel, für ein Leckerchen.

Hinweisen möchte ich auch auf die zulässigen Gebissschlüsse beim Tibet Terrier. Dies sind ein Scherengebiss und ein umgekehrtes Scherengebiss (Reibevorbiss). Wichtig ist in jedem Fall, dass die Kiefer kräftig sind, die Zähne regelmäßig angeordnet und der Gebissschluss sehr knapp ist. Bei vielen ursprünglichen Tibet Terriern, auf denen sich die Zucht begründet, fand man auch ein Zangengebiss. Alle drei Stellungen erlaubten einen guten Biß bei Angriff und Verteidigung. Durch die gut entwickelten Kiefer ist die Schnauzenpartie des Tibet Terriers kräftig und stumpf geschnitten, ohne dabei zu kurz zu sein. Ganz wichtig für seinen typischen Kopfausdruck!

Das doppelschichtige Haarkleid ist natürlich unabdingbar. Kein Hund würde in den kalten Landstrichen ohne diesen Schutz überleben. Die Unterwolle ist fein und wollig. Das Deckhaar lang und üppig und weist eine feine Struktur auf. Es darf gerade oder gewellt sein, jedoch nicht lockig und von seidiger oder wolliger Struktur. Es gibt Tibet Terrier in vielen Farben, reinweiß über weiß mit schwarzen oder goldenen Flecken, cremefarben, grau oder rauchfarben, goldzobel und schwarz, mit oder ohne weiße Abzeichen. Alles ist erlaubt mit Ausnahme von schokoladen- oder leberbraun.

Die Pfoten des Tibet Terriers sind einzigartig und ein hervorstechendes Rassemerkmal. Die Pfoten sind groß, rund und ganz flach. Die Ballen sind kräftig und es wächst viel Haar zwischen den Zehen. Diese Pfotenkonstruktion ermöglicht dem Tibet Terrier die Bewegung durch die unwegsamen, felsigen Regionen Tibets, denn mit den großen biegsamen Pfoten kann er greifen, wie mit einer Hand, sich an einem Felsen oder einem Wurzelgeflecht halten. Und wie oft erzählen sich die Besitzer eines Tibet Terriers auch hier und heute die für sie so unglaublichen Geschichten, wie ihr Hund plötzlich, vielleicht einer Katze folgend, auf einen Baum kletterte, wie er bei einem Spaziergang durch die Alpen scheinbar mühelos einen Abhang heraufkletterte, um bald darauf beinahe halsbrecherisch wieder herunter zu springen, oder er balancierte mit erhobenen Kopf auf einem schmalen Balken einer Grundstücksabgrenzung. Eine zweite wichtige Funktion dieser Pfoten ist der Schneeschuheffekt, die es dem Hund erlaubt, im tiefen Schnee leicht vorwärts zu kommen ohne einzusinken.

Ja, und da ist noch sein Rute, hoch angesetzt und fröhlich eingerollt über dem Rücken getragen. Ein Knick in der Spitze der Rute kommt oft vor und ist erlaubt. Lustig wedelnd begleitet der Tibet Terrier uns so durch den Tag.

Angela Brüggemann
(Artikel erschienen in der Zeitschrift "Der Hund" 12/99)

 
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